Die Frage, ob die Staatsanwaltschaft Görlitz ihre (Revisionsverhinderungs-)Berufung aufrecht erhält, liegt derzeit bei der Generalstaatsanwaltschaft Dresden zur Klärung. Diese hat sich nun mit einem Zwischenbescheid gemeldet und angekündigt, dass die Sache noch etwas brauchen werde, da eine Stellungnahme des Leitenden Oberstaatsanwalts Uebele der Staatsanwaltschaft Görlitz angefordert sei. Man werde anschließend auf den Vorgang zurückkommen.
"Gut Ding will Weile haben" - soweit wollen wir uns also zunächst einmal nicht beschweren...
Dienstag, 29. April 2008
Die Generalstaatsanwaltschaft bittet um Geduld
Donnerstag, 17. April 2008
Wenn sich die Staatsanwaltschaft nicht an die Richtlinien hält...
... dann muss man mal schauen, ob die Dienstaufsicht dies tut ...
Wie berichtet, weigert sich die Staatsanwaltschaft Görlitz, die gegen das Urteil des AG Zittau eingelegte Berufung zurückzunehmen, um, so die offene Argumentation des Leitenden Oberstaatsanwalts Uebele gegenüber RA Günter Werner, die Durchführung der Revision gegen das Urteil zu verhindern. (Denn wenn die Berufung am LG Görlitz durchgeführt wird, wird unsere Revision als Berufung behandelt, und damit würden die (skandalösen) Umstände, unter denen das Urteil des AG Zittau zustande kam, niemals überprüft, und der Angeklagte, also Andreas, hätte eine rechtsstaatlich agierende Instanz weniger, denn von rechtsstaatlichen Ansätzen blieb in der Verhandlung nichts mehr übrig.)
Daher ist nun der Generalstaatsanwalt bei der GenStA Dresden eingeschaltet worden, um hier im Wege der Dienstaufsicht regelnd tätig zu werden. Die Sache ist, wie in früheren Beiträgen detaillierter beschrieben (und letztlich auch im Schriftsatz nachzulesen), recht eindeutig, die Staatsanwaltschaft darf hier keine Berufung einlegen. Es geht also lediglich darum, die Staatsanwaltschaft auf den Pfad des Rechts zurückzubringen. Nicht mehr, aber vor allem: auch nicht weniger!
Spätestens in zwei Wochen wird es ein erstes Ergebnis geben; sollte der Generalstaatsanwalt Fleischmann sich bis dahin noch nicht gemeldet haben, wird RA Günter Werner direkten Kontakt aufnehmen, und dann sehen wir sicherlich, ob sich hier etwas bewegt...
Dienstag, 8. April 2008
Landgericht lässt Verteidiger wieder zu!
Das Landgericht Görlitz hat die drei Verteidiger von Andreas (Detlev, Jörg und Sebastian), denen der Richter am Amtsgericht Ronsdorf die Zulassung am 14.12.2007 in einem spektakulären Coup entzogen - und anschließend mit dem Angeklagten "kurzen Prozess" gemacht - hatte, wieder zugelassen!
Dem Landgericht war es vermutlich schlicht zu peinlich, sich mit den Argumenten des AG Zittau im Einzelnen auseinanderzusetzen. Es erklärt kurz und knapp, dass die Verteidiger "in ihren bisherigen Schriftsätzen" - die es ja u.a. gerade waren, die den RiAG Ronsdorf so erbosten - "ihre strafrechtliche Sachkunde hinreichend dargelegt" hätten.
Ein Etappensieg. Das Landgericht ist sichtlich darum bemüht, die Sache herunterzukochen. Das ist mehr als zu begrüßen, zumal die hier entscheidende Kammer zugleich die Kammer ist, die das Berufungsverfahren führen würde, sollte die Staatsanwaltschaft durch alle Dienstaufsichts-Instanzen hindurch rechtswidrigerweise bei der Aufrechterhaltung der Berufung bleiben.
Mit dieser Entscheidung ist der Skandal aber noch einmal greifbarer: Andreas wurde in einer Hauptverhandlung verurteilt, in der er in rechtswidriger Weise seiner Verteidigung beraubt wurde. Dass das Gericht - im Übrigen unter Zustimmung des damaligen Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft Behrens - nach dieser Entscheidung dem Angeklagten nicht einmal eine Unterbrechung von auch nur einer Minute zugestand, um sich auf die neue Situation einzustellen, treibt den Sachverhalt auf die Spitze.
Es gäbe nun einen einfachen, rechtsstaatlichen Weg, diese massiven Verfahrensverstöße, die das Urteil am 14.12.2007 nicht mehr im Ansatz unter rechtsstaatlichen Umständen entstanden ließen, einer Überprüfung zu unterziehen, das Urteil aufzuheben und "von vorne zu beginnen" - in dem die Staatsanwaltschaft die Berufung gegen das Urteil zurücknimmt (wozu sie von Rechts wegen verpflichtet ist, vgl. frühere Einträge) und damit die Revision des Angeklagten vom OLG Dresden verhandelt werden könnte. Aber genau diesen Weg versucht bisher die Staatsanwaltschaft Görlitz zu verhindern und tut dies weiterhin!
Montag, 7. April 2008
Staatsanwaltschaft schaltet auf stur - Berufung bleibt
Auf die im letzten Eintrag referenzierte schriftliche Kontaktaufnahme mit der Staatsanwaltschaft Görlitz zur Frage, ob die Berufung der StA zurückgenommen werde, da diese gegen die Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren verstößt, hat der Leitende Oberstaatsanwalt Uebele nunmehr geantwortet: Man bleibe dabei.
Auf die drei Seiten umfassenden Argumente des Anschreibens geht Herr Uebele erst gar nicht ein. Er beruft sich aber seinerseits auf die Argumentation, die er telefonisch gegenüber RA Günter Werner geäußert hatte. Da dieses Telefonat zumindest von Seiten Günter Werners zunächst als "vertraulich" eingestuft worden war, haben wir hier weder im Blog noch in dem Schreiben an den LOStA hierauf Bezug genommen. Nun aber hat der LOStA Uebele selbst den Inhalt des Gesprächs zum Gegenstand seiner Argumentation gemacht, womit auch kein Grund mehr besteht, diesen als vertraulich zu behandeln - die Argumentation war so grotesk, dass es eh schwer fiel, diese nicht zu veröffentlichen.
Herr Uebele hatte im Telefonat Anfang März zwei Argumente angebracht:
- Je mehr in einer Revision Verfahrensrecht gerügt wird, desto mehr bestehe die Neigung, Berufung einzulegen, um die Fehler ggf. damit zu "heilen", denn es nütze ja niemandem, wenn dem AG das Urteil vom OLG um die Ohren gehauen werde und es dann wieder zurück ans AG ginge.
Genau dies ist aber unzulässig gem. RiStBV Nr. 147 Abs. 1 S. 4: "Die Tatsache allein, dass ein anderer Beteiligter ein Rechtsmittel eingelegt hat, ist für den Staatsanwalt kein hinreichender Grund, das Urteil ebenfalls anzufechten." Die RiStBV sind für die Staatsanwaltschaft bindend - aber offensichtlich kümmern den LOStA Uebele die RiStBV etwa so doll wie den RiAG Ronsdorf die StPO... - In bestimmten Fällen (und hier träfe das wohl zu, nach dem, was er von der Verhandlung gehört habe) müssen die Amtsrichter auch "in Schutz" genommen werden.
In Schutz genommen? Vor der Mahnung des OLG, in Zukunft sich mal wieder an Recht und Gesetz zu halten?! "Abenteuerlich" ist wohl noch eine der zurückhaltendsten Vokabeln, mit der eine solche Aussage bezeichnet werden kann...
Der nächste Schritt ist also eine entsprechende Eingabe an den Generalstaatsanwalt beim OLG Dresden; sollte diese nicht zum Erfolg führen, wäre letzte Station in der Dienstaufsichtshierarchie das Sächsische Justizministerium.
Wirklich erschreckend ist bei der ganzen Geschichte, dass es eben hier nicht nur eine einzelne Person ist, die einmal über die Stränge geschlagen hat, sondern dass am AG Zittau mindestens zwei Richter (Ronsdorf und Oltmanns) sich gegenseitig Deckung verschaffen, und bei der StA Görlitz nunmehr der ehemalige OStA Behrens, die sachbearbeitende Staatsanwältin Küsgen sowie der Leitende Oberstaatsanwalt Uebele durch die Bank sich an diesem Skandal willig beteiligen.
Bleibt zu hoffen, dass die Generalstaatsanwaltschaft hier durch die Entfernung zum Verfahren so emotionslos agiert, dass sie schlicht einmal wieder nach der Linie von Gesetz und Recht entscheidet...
Dienstag, 25. März 2008
Was die Staatsanwaltschaft darf, was nicht, und was sie tut...
Die Staatsanwaltschaft hat es nicht leicht. Staatsanwälte sind nicht zu beneiden. Sie dürfen eben meist nicht alles, was jeder Angeklagte bzw. seine Verteidiger dürfen. Zum Beispiel: Ein Rechtsmittel pro forma einlegen, um es sich offen zu halten. Sie dürfen vor allem kein Rechtsmittel einlegen, bloß weil die Gegenseite es getan hat. Und sie dürfen nicht einmal dann ein Rechtsmittel einlegen, wenn sie tatsächlich zwar eine etwas höhere Strafe für angemessen halten, aber wenn das vom Gericht ausgeworfene Strafmaß nicht "in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der Schwere der Tat steht".
All das hat gute Gründe. Die Staatsanwaltschaft soll die "neutralste Behörde der Welt" sein. Und nun scheint auch der Gesetzgeber doch aus gewissen Erfahrungen heraus sich gedacht zu haben, diese Neutralität absichern zu müssen, etwa über die Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren.
Warum dann hat die Staatsanwaltschaft Görlitz das Rechtsmittel der Berufung eingelegt, wenn der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft im Termin des 14.12.2007 selbst drei Monate mit Bewährung gefordert hat, der Richter dann schließlich auf zwei Monate mit Bewährung erkannt hat? Ein "offensichtliches Missverhältnis zu der Schwere der Tat" liegt - offensichtlich - nicht vor.
Die Berufungsbegründung der Staatsanwaltschaft, die inzwischen vorliegt, verrät es - und verrät es doch nicht. Denn die "Gründe" sind zumindest keine, die eine Berufungseinlegung nach den o.a. Richtlinien rechtfertigen würde. Die Begründung erklärt, "3 - 6 Monaten wären angemessen gewesen". Wenn aber 3 Monate angemessen sind, dann stehen 2 Monate hierzu eben gerade nicht in einem "offensichtlichen Missverhältnis".
Interessant ist die Begründung aber dennoch: Die Staatsanwaltschaft Görlitz erfindet im Rahmen dieser ganz neue Strafzumessungsgedanken. Zum Beispiel diesen: "seine Weigerung, sich bei Urteilsverkündung zu erheben". Da ist sie wieder, die Erwartungshaltung des hündischen Angeklagten, der, wenn er vom Gericht bestraft wird, auch noch die von der Justiz vorgegebenen Umgangsformen befolgen möge. Nur geht die Staatsanwaltschaft noch einen Schritt weiter: Sie möchte das Verhalten nicht nur per Ordnungsstrafe geahndet sehen (was schon für sich hoch umstritten ist), sondern, wer nach einer Hauptverhandlung zu x Monaten verurteilt wird, und bei der Verkündung sich nicht erhebt - da müsse der Prozess dann gleich wiederholt werden, denn nun seien x + n Monate zu verhängen...
Schließlich echauffiert sich die Staatsanwaltschaft noch darüber, dass Andreas es zugelassen habe, "daß der Prozeß dazu benutzt wird, um die vermeintliche Unfähigkeit u. Willkür des erkennenden Gerichts zu demonstrieren". Was hat der Angeklagte denn getan? Er hat von Rechtsmitteln Gebrauch gemacht. Und am 14.12.2007 hat er geschwiegen. Nicht mehr. Dass daraus eine Strafschärfung abgeleitet werden können soll, ist neu...
Der Verdacht liegt klar auf der Hand: Die Staatsanwaltschaft erfindet einfach ein paar vollkommen haltlose "Gründe" für die Berufung. Am Ende geht es ihr aber eigentlich nicht so sehr um die eigene Berufung, sondern darum, die Revision zu verhindern - etwas, was sie gerade nicht darf. Das ist schon schlimm genug, noch schlimmer wiegt aber der Verdacht, dass genau diese Konstellation am 14.12.2007 zwischen dem Richter Ronsdorf und dem Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwalt Behrens, abgesprochen war, sprich: Der Richter wusste ggf., dass er agieren konnte wie er wollte, da er die Zusage der Staatsanwaltschaft hatte, dass diese Berufung einlegen würde. Für den - absehbaren - Fall, dass der Angeklagte sich gegen die massiven Verfahrensverletzungen durch den Richter mit dem Rechtsmittel der Sprungrevision wehren würde, wäre durch eine solche Absprache abgesichert, dass die Revision nicht durchgeführt würde, mithin die Vorgänge am Amtsgericht nie einer juristischen Kontrolle unterzogen würden, und vor allem: Dass das Verfahren nie wieder vom OLG Dresden an das AG Zittau zurückverwiesen würde. Der Verdacht ist zwar unglaublich, aber auch: unglaublich naheliegend.
Oberstaatsanwalt Behrens und Richter Ronsdorf kennen sich jedenfalls schon lange, da Behrens "ständiger Vertreter" der Staatsanwaltschaft Görlitz in Zittau war. Inzwischen bekleidet Behrens einen neuen Posten: Er ist nunmehr Direktor des Amtsgerichts Zittau!
Über RA Günter Werner versuchen wir nun, diesem Spuk ein Ende zu bereiten. Hierzu gibt es zunächst einmal die Kontaktaufnahme mit dem Leitenden Oberstaatsanwalt in Görlitz, der es in der Hand hält, die sachbearbeitende Staatsanwältin anzuweisen, die Berufung zurückzuziehen. Ein erstes Telefonat verlief ergebnislos, man darf gespannt sein, was der LOStA auf die schriftlichen Ausführungen zu entgegnen weiß...
Mittwoch, 19. März 2008
Dienstaufsichtsbeschwerde verworfen - Eine Krähe...
"Unpünktlichkeit, monatelange Untätigkeit, grobe Flegeleien in der Sitzung, bewußtes Ignorieren eindeutiger Gesetze oder Faulheit dürften nicht unter den vom Bundesgerichtshof gewebten Teppich des 'Kernbereichs der richterlichen Unabhängigkeit' gekehrt werden."
(Dr. Egon Schneider, RiOLG a.D., Zeitschrift für anwaltliche Praxis, Nr. 6 vom 24. 3. 1999, S. 266)
Wenn auch bisher am Landgericht Görlitz ein anderer - freundlicherer, ruhigerer und von Sachverstand bestimmter - Wind geweht hat -- in der direkten Frage, ob ein Richter am Amtsgericht zu "disziplinieren" sei, wird dann doch zurückgerudert. Heute traf die Entscheidung der Vizepräsidentin des Landgerichts ein, mit der sie erklärt, dass "bei dieser Sachlage Dienstpflichtverletzungen von RiAG Ronsdorf nicht" vorlägen.
Zur Erinnerung: Richter Ronsdorf hatte am 13.12.2007 mehrere Beschlüsse gegen Andreas gefällt, von denen einer noch am 13.12.2007 per Fax mitgeteilt wurde (dass nämlich die Verhandlung am 14.12.2007 aufrecht erhalten werde), die beiden anderen zeitgleich gefassten Beschlüsse (Widerruf der Verteidigerzulassung, Verwerfung von Ablehnungen wegen Befangenheit durch den abgelehnten Richter selbst) wurden jedoch erst am 14.12.2007 - für alle Betroffenen entsprechend überraschend - zu Beginn der Verhandlung bekannt gemacht. Im Anschluss daran wurde Andreas, seiner kompletten Verteidigung überfallartig beraubt, innerhalb von 45 Minuten verurteilt, ohne auch nur eine Minute Pause zugestanden bekommen zu haben, um sich auf die neue Situation einzurichten.
Die beiden erst am 14.12.2007 bekannt gemachten Beschlüsse weigerte sich der Richter anschließend ausdrücklich, der Verteidigung schriftlich mitzuteilen, da diese kein Beschwerderecht hätten (was hinsichtlich der Frage der Verteidigerzulassung nachweislich falsch ist). Aber auch der Angeklagte, also Andreas, bekam die Beschlüsse fürderhin nicht übersandt, auch auf explizite schriftliche Anforderung vom 21.12.2007 erging keinerlei Reaktion mehr.
Erst nachdem Dienstaufsichtsbeschwerde eingelegt worden war, wurden die Beschlüsse weitere drei Wochen später - über zwei Monate, nachdem sie ergangen waren - den Betroffenen schriftlich mitgeteilt, was zur Folge hatte, dass etwa die Beschwerde gegen die Verteidigerzulassung so spät erst geschrieben werden konnte, dass die Revisionsbegründung nicht mehr von den ursprünglichen Verteidigern unterzeichnet werden konnte (da über die Beschwerde gegen den Verteidigerentzug nicht mehr vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist entschieden werden konnte).
Wie kommt nun die Vizepräsidentin des Landgerichts dazu, in diesem Verhalten - über zweimonatige Verweigerung der Übersendung von gegen die Betroffenen ergangenen Beschlüsse - keine Dienstpflichtverletzung zu sehen? Vom 22.12. bis 06.01. habe sich Ronsdorf im Urlaub befunden, vom 09.01. bis 18.01.2008 sei er erkrankt gewesen. Nun soll sich ein Richter erholen dürfen und seine Krankheit auskurieren können. Aber was hinderte den Richter in den Zeiträumen 14. bis 22.12.2007 (!), 07. bis 08.01.2008 und vom 21.01. bis 12.02.2008 (!) daran, seiner aus Gesetz bestehenden Verpflichtung zur Übersendung der Beschlüsse nachzukommen? Nichts. Nur: Der Richter habe am 08.01.2008 die Schriftsätze der Verteidigung vom 21.12.2007 der Staatsanwaltschaft zukommen lassen, und das gleiche dann noch einmal am 22.01.2008. Nun mag man sich zunächst wundern, warum dies zweimal erfolgte - doch eigentlich ist der Hauptgrund, sich zu wundern, warum dies auch nur einmal erfolgte! Denn die Pflicht zur Übersendung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, Ermessensspielraum besteht insofern keiner, daher kann die Staatsanwaltschaft hierzu auch keine erhellenden Stellungnahmen abgeben.
Dies ist wohl auch der Vizepräsidentin aufgefallen. Doch hier kann man nur attestieren, windet sie sich: "Ob eine Anhörung der Staatsanwaltschaft Görlitz geboten war, kann dahinstehen, denn insoweit ist der Kernbereich der richterlichen Unabhängigkeit betroffen, der der Dienstaufsicht entzogen ist." Und das ist falsch. Es gibt hier eben keinen Ermessensspielraum, es gibt hier einzig und allein die Pflicht des Richters, seinen aus Gesetz erwachsenen Verpflichtungen nachzukommen, letztlich seine Dienstgeschäfte zu erledigen. Wollte man annehmen, eine (durch nichts zu rechtfertigende) Vorlage zur Stellungnahme an die Staatsanwaltschaft sei im Wege der Dienstaufsicht nicht zu überprüfen, dann kann auch eine zweite solche ("noch unsinnigere") Vorlage nicht überprüft werden (so wie es hier die Vizepräsidentin auch nicht getan hat). Das hieße aber, ein Richter könnte beliebig lang "Geheimjustiz" betreiben, in dem er die Frage, ob er Entscheidungen an die Betroffenen auch bekannt geben dürfe, der Staatsanwaltschaft immer wieder zur Stellungnahme vorlegt. Dann, so die Logik der Vizepräsidentin, könne hier die Dienstaufsicht nicht eingreifen, da der Richter ja nicht untätig sei...
Was immer wieder etwas wundert ist doch, dass es den Verfassern solcher Schriftsätze - hier etwa der Vizepräsidentin des Landgerichts Görlitz - nicht schlicht peinlich ist, sich mit solchen Manövern der Dienstaufsicht zu entziehen. Zwar hacken sich gewöhnlich Krähen untereinander nicht die Augen aus, aber warum müssen sich RichterInnen in dienstaufsichtsrechtlichen Fragen immer wieder selbst als Krähen verstehen? Warum fällt es offenbar so schwer, hier einmal auf den Tisch zu hauen (und im vorliegenden Fall hätte es krachen müssen), und zu sagen: Sorry, hier hat RiAG Ronsdorf ganz großen Mist gebaut, und hier kann (und muss) und werde ich auch eingreifen, denn hier ist die Dienstaufsicht gefragt, wenn der Richter seinen schlichtesten Arbeitsaufträgen nicht nachkommt und am Ende sogar aus dieser Verzögerung massive Eingriffe in die Verteidigungskonstellation des Angeklagten entstehen. Was ist das schwierige daran? Vermutlich ein lebenslanges Forschungsgebiet für Psychologen...
Die Sache wird weiterverfolgt werden, aber später. Zur Zeit stehen wichtigere Dinge an, und vor einer erneuten Akteneinsicht (die aber erst sinnvoll ist nach Abschluss aller momentan anstehenden Zwischenverfahren und -entscheidungen) können wir hier nicht wirklich seriös antworten.
Sonntag, 24. Februar 2008
Beschwerdebegründung gegen "Ordnungsmittel" wg. "Ungebühr" eingelegt
"Artig soll der Angeklagte sein, ein Untertan, ein Fibelkind, in den Augen jenen hündischen Ausdruck, mit dem deutsche Soldaten vor ihren Schindern stramm stehen mussten. Hände an die Hosennaht!"
(Kurt Tucholsky: "Deutsche Richter"; 1927)
Nachdem neben den über zwei Monate lang "geheim" gehaltenen Beschlüssen vom 13.12.2007 auch das Protokoll der Hauptverhandlung vom 14.12.2007 übersandt wurde, haben wir nunmehr auch die Beschwerdebegründung gegen das "Ordnungsmittel wegen Ungebühr", sprich 100 EUR (ersatzweise 2 Tage Haft!) wegen des Nicht-Aufstehens von Andreas während der Urteilsverkündung, nachreichen können.
Diese Beschwerde wird direkt vom Oberlandesgericht Dresden entschieden. Es wird spannend sein, wie sich das OLG hier positioniert. War es in den 50'er Jahren geradezu unumstritten, dass der Angeklagte - "strafbewährt" (oder, um es "korrekter" zu formulieren: "ordnungsmittelbewährt") - aufzustehen habe (beim Eintreten des Gerichts, bei Zeugenvereidigungen, bei der Urteilsverkündung), so gab es später die mindestens teilweise Einsicht, dass dieses Prozedere, zumindest was dessen Durchsetzung mit Zwangsmitteln betrifft, nicht einer gewissen Peinlichkeit entbehrt, von der fehlenden konkreten Rechtsgrundlage einmal ganz abgesehen. Viel wurde geschrieben hierüber (vgl. entsprechende Nachweise in der Begründung), dass z.B. "Respekt", der mit Ordnungsgeldern oder Ordnungshaft erzwungen wird, kaum als solcher zu bezeichnen sein dürfte.
In der Folgezeit erledigte sich das Problem weitgehend, da die RichterInnen - bei Weigerung des Angeklagten - entweder auf das Aufstehen von sich aus kommentarlos verzichteten, zumindest aber - neben eventuellen echauffierten Äußerungen, wie "frech" der Angeklagte sei - von der Verhängung von Ordnungsmitteln absahen.
Gerade in den letzten Jahren haben sich aber einige wenige Richter wieder berufen gefühlt, hier "Flagge zu zeigen". Zwar ist die Verhängung von Ordnungsmitteln weiterhin die absolute Ausnahme (in den letzten etwa 500 Hauptverhandlungen wegen Totalverweigerung - in denen angesichts des politischen Charakters des Strafverfahrens zumindest überproportional eine gewisse Angespanntheit herrschen dürfte - kam es hierzu in gerade einmal vier Fällen (Zittau mitgerechnet!)). Und obwohl auf der Seite der Argumente so ziemlich nichts für die Sanktionierung des Sitzenbleibens eines Angeklagten spricht, sehr vieles aber dagegen, machten es sich die hierzu ergangenen Gerichtsentscheidungen immer sehr einfach, indem sie die Argumente schlicht ignorierten. Dies kann natürlich auch im vorliegenden Fall passieren, hier ist aber die Vorgeschichte des Verfahrens noch einmal etwas anders gelagert, nämlich erkennbar davon geprägt gewesen, dass die Rechte des Angeklagten durch den Richter durchgehend massiv verletzt wurden, eskalierend in der Art des "kurzen Prozesses" am 14.12.2007. Es wäre schon die Spitze der Dreistigkeit, von einem Angeklagten nach einem solchen Verfahren "strafbewährt" zu verlangen, dem Gericht als solches eine Art von "Respekt" durch das sich-Erheben abzuverlangen...