Mittwoch, 22. Dezember 2010

Für wenig Recht gibt's kleine Münze - Kostenrecht à la Zittau, die Zweite

"Vorbei ist es noch lange nicht - sag mir erst, wie viel Geld Du kriegst." Wäre es doch zumindest damit, also mit der Kostenrechnung der Verteidigung und des Angeklagten, vorbei gewesen. Doch nach einem Verfahren, bei dem das Recht in kleinsten Portiönchen ausgeteilt wurde, hat sich das AG Zittau wohl gesagt: Mit dem Geld machen wir das nicht anders. Und die zu erstattenden Verteidigerauslagen erst mal heruntergekürzt, dass es nur so purzelte, mit der Begründung: "Grundsätzlich wäre die Verteidigung des Angeklagten auch durch einen ortansässigen Rechtsanwalt möglich gewesen." Und, so die bestechende Logik der Zittauer Rechtspflegerin, da wären dann ja auch keine Reisekosten angefallen. Und die Kosten für einen liegen ja auch unter den Kosten für drei. Klingt irgendwie naiv logisch, ist es aber nicht: Denn hätte Andreas den "ortsansässigen Rechtsanwalt" gewählt, wären die Kosten für die Staatskasse schlicht höher gewesen als es in der vorliegenden Konstellation von drei gem. § 138 Abs. 2 StPO zugelassenen Verteidigern, die nicht Rechtsanwälte sind.

Nun, man kann dem Gericht an dieser Stelle noch zugutehalten, dass die Konstellation zumindest ungewöhnlich ist. Da aber das Amtsgericht knapp zwei Jahre (!) für diese Entscheidung benötigt hat, kann man von einem "Irrtum in der Hitze des Gefechts" wohl kaum reden, da wurde angestrengt nicht differenziert.

Und diese Anstrengung, das Recht mal wieder auf Zittauer Art anzuwenden, wurde fortgesetzt. Auch als Bank möchte sich das Amtsgericht nicht missverstanden wissen. Das Gericht erwartet von unserer Seite wohl eher die biblische Haltung: "Fahrt fort, eure Feinde zu lieben und Gutes zu tun und ohne Zins zu leihen, ohne etwas zurückzuerhoffen" (Lukas 6:35). Dumm nur: Wir erwarten den Zins. Weil er nämlich gesetzlich garantiert ist, Lukas hin oder her. Doch die Rechtspflegerin erklärt, eine Verzinsung sei "mangels gesetzlicher Grundlage nicht möglich", zitiert im gleichen Satz gar § 464a StPO und schafft es nicht, einen kleinen Buchstaben weiter zu § 464b StPO zu kommen - eben der gesetzlichen Grundlage... Naja, sie hatte ja auch nur knapp zwei Jahre Zeit für diese Entscheidung...

Dank der radikalen Kürzung ist der Beschwerdewert nun so hoch, dass das Rechtsmittel gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss nicht die (ggf. vom AG Zittau zu entscheidende) sog. "Erinnerung" ist, sondern die sofortige Beschwerde, die vom LG Görlitz zu entscheiden sein wird. Auf jenes Landgericht beruft sich die Rechtspflegerin sogar bei der Frage, ob nicht der ortsansässige Rechtsanwalt grundsätzlich ausreichend sein sollte. Nun wird man abwarten müssen, ob das Landgericht sich hier vielleicht etwas arg beliebig zitiert fühlt: Ob man eine Sachbeschädigung (um die es in dem zitierten Beschluss des LG Görlitz ging) bei einem ausdrücklich "einfach gelagerten Sachverhalt" ernsthaft mit einer Totalen Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen, die das Bundesverfassungsgericht immer und immer wieder zu Detailrechtsprechung veranlasste, vergleichen kann...

Abgesehen davon: Wie soll denn der "ortsansässige Rechtsanwalt" in jedem Fall eine ausreichende Sachkenntnis zur Verteidigung garantieren, wenn sogar der "ortsansässige Richter" nur ein Urteil zu fällen in der Lage war, welches vom LG Görlitz aufgrund rein rechtlicher Erwägungen korrigiert werden musste...

Nun, zumindest hat Andreas als Angeklagter sein Geld gut angelegt. Wo bekommt man heute schon für eine Anlagedauer von zwei Jahren einen garantierten Zinssatz von 5,12%...

Donnerstag, 25. Februar 2010

Kostenloser Nachhilfeunterricht für den Bezirksrevisor

Nachdem die Staatsanwaltschaft nach über zehn Monaten obskuren Kampfes die - offensichtlichst - unzulässige erhobene Revisionsgebühr letzten Monat zurückgezogen hatte, hatten wir noch eine kleine Rechnung der anderen Art offen. Dass KostenbeamtInnen und RechtspflegerInnen solche Fehler machen und auch ihre liebe Zeit brauchen, diese dann einzusehen, ist schon alles andere als schön. Wenn aber der Bezirksrevisor eine solche Fehlentscheidung nicht nur passieren lässt, sondern auch noch unter (abwegigem) Bezug auf Kommentarliteratur noch meint, verteidigen zu müssen, dann ist die Sache schon etwas oberfaul. Der Mann, so muss man einfach attestieren, ist scheinbar seinem Job nicht gewachsen (oder, so weit wollen wir aber gar nicht gehen, hat hier in kühner Absicht einen vom Pferd erzählt). Sei's drum - wir wollen das ändern. Da das Kostenverfahren letztlich telefonisch gelöst wurde, hatten wir nie die Gelegenheit, auf die seinerzeitige Stellungnahme des Bezirksrevisors zu antworten.

Dies haben wir nun nachgeholt, in einem persönlichen Brief an Herrn Ulrich Reimann. Dort haben wir noch einmal die Unsinnigkeiten seiner "Argumentation" zusammengefasst. Meinte er das damals ernst, kann er immerhin noch lernen. Unserer Bitte, auf den Brief zumindest in irgendeiner Art zu reagieren, auch wenn wir uns nicht mehr im offiziellen Verfahren befinden, ist Herr Reimann in den letzten zwei Wochen allerdings bisher nicht nachgekommen. Ansonsten mag der Brief zumindest - ausreichenden Humor vorausgesetzt - dem werten Publikum dazu dienen, über die waghalsige Beweisführung des Bezirksrevisors ins Schmunzeln zu verfallen.

Mittwoch, 3. Februar 2010

Nach 10 Monaten und 21 Schreiben: StA Görlitz zieht unzulässig erhobene Revisionsgebühr zurück

Was lange währt, wird (im Ergebnis) endlich gut: 10 Monate, 21 Schreiben und einige Telefonate nach der Einlegung einer Erinnerung gegen eine unzulässig erhobene Revisionsgebühr nach Nr. 3130 KV GKG hat die StA die Gebühr zurückgenommen. Doch bis dahin war es ein langer und steiniger Weg...

Die Sachlage konnte eindeutiger nicht sein: Wir hatten ursprünglich Revision eingelegt, diese aber vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist zurückgenommen. Hieran wurde auch nie gezweifelt. Und daraus folgt, KV Nr. 3131 : "Die Gebühr entfällt bei Zurücknahme der Revision vor Ablauf der Begründungsfrist." Eine Gebühr nach 3130 (Revision mit Urteil oder Beschluss) schied eh von vornherein aus - aber sie war nun mal erhoben worden. Auf die Erinnerung verteidigte gar der Bezirksrevisor die Gebühr nach 3130. Die Sache kam ans Amtsgericht, zurück zu RiAG Kai Ronsdorf, den wir dann wegen der "Besorgnis der Befangenheit" ("Besorgnis" klingt in dem Zusammenhang schon reichlich zynisch) ablehnten. RiAG Ronsdorf verwarf (einmal mehr) selbst wegen angeblicher Unzulässigkeit, konkret: da die Ablehnung "verspätet" sei. Nun gibt es außerhalb der Hauptverhandlung gar keinen Unverzüglichkeitsanspruch, was das LG Görlitz auf die Beschwerde hin dann auch klarstellte. Die Beschwerde verwarf das LG dennoch, da die Gründe der Ablehnung "verbraucht" seien - was, einfach nachweisbar, unzutreffend war. Auf unsere entsprechende den Sachverhalt korrigierende Gegenvorstellung hin blieb das LG bei der Verwerfung, nun u.a. mit dem mittelbaren Hinweis, dass die Anbringung der Gründe verspätet sei; daneben sei es auch nicht willkürlich, die Verteidigung überraschend zu entfernen und dem Angeklagten weder Aussetzung noch Unterbrechung daraufhin zu gewähren.

Wegen der (unzulässigen) Verwerfung der Ablehnung als unzulässig durch RiAG Ronsdorf selbst hatten wir diesen parallel erneut abgelehnt. Diese Ablehnung ist nie beschieden worden - nachdem das LG die erste Ablehnung endgültig vom Tisch gefegt hatte, sah sich RiAG Ronsdorf nicht gehindert, in der Sache weiter zu handeln, obwohl er durch diese weitere Ablehnung blockiert war.

Auf dem Rückweg der Akte an das Amtsgericht über die Staatsanwaltschaft hat diese sich dann die Kostenrechnung noch einmal angeschaut - und: korrigiert. Nein, nicht korrekt. Verschlimmbessert. Bei der Revisionsgebühr wurde nun von 3130 (volle Gebühr) auf 3131 (halbe Gebühr, Revision ohne Urteil oder Beschluss, aber keine Rücknahme der Revision vor Ablauf der Begründungsfrist) geschwenkt, warum, weiß wohl niemand. Und draufgeschlagen: Eine Beschwerdegebühr nach 3602, nämlich für die sofortige Beschwerde im Ablehnungsverfahren. Das machte es nun noch komplizierter, denn nun musste die Gebühr 3131 wegfallen, und dann, da das Ablehnungsverfahren nur aufgrund der falschen ersten Rechnung entstanden war, auch noch die Beschwerdegebühr (§ 21 GKG).

Um nicht mit dem Erinnerungsverfahren in der gleichen merkwürdigen Art von vorne zu beginnen, haben wir das Telefon bemüht, und zwischen den Feiertagen mit der Rechtspflegerin und mehrfach mit der Kostenbeamtin gesprochen, und diese beiden untereinander, und siehe da - am Ende ging's.

Bleibt eben über die Tätigkeit des eigentlich "sich akut einer Ablehnung gegenüberstehenden" RiAG Ronsdorf zu berichten. Der hat nun das Rechtsmittel der Erinnerung - nach der letzten Korrektur der Rechnung durch die StA - verworfen (es blieb ja auch nichts mehr übrig vom eigentlichen Angriffspunkt). Also: Auch noch in der vermutlich letzten Tätigkeit in diesem Verfahren gegen geltendes Recht verstoßen, da er schlicht "nicht am Zuge war" (jedenfalls mit nichts anderem als mit einer dienstlichen Stellungnahme zur ausstehenden Ablehnung).

Die gesamte Story dieses Kampfes um 240 EUR ist unter dem Label "Revisionsgebühr" in voller Länge nachles- und bestaunbar. Wer es mag, kann ja einmal ausrechnen, welche Kosten auf Seiten der Staatskasse in diesem Zweig des Verfahrens entstanden sind, in dem sich die staatlichen Beteiligten durchweg mit Glanzleistungen der besonderen Art ausgezeichnet haben...