Montag, 28. Januar 2008

Beschwerde gegen Verteidigerentzug & Dienstaufsichtsbeschwerde eingelegt

"Blast euch nur dem Mittelalter gegenüber auf –! Wir, wir haben eine Geheimjustiz."
(Kurt Tucholsky: "Begnadigung"; 1926)


Gegen den überraschenden Entzug der Zulassung aller drei Verteidiger in der Hauptverhandlung am 14.12.2007 wurde heute zunächst formal Beschwerde eingelegt. Das Problem ist, dass der schriftliche Beschluss, mit dem den Verteidigern die Zulassung durch den Richter am Amtsgericht Ronsdorf entzogen worden war, bisher niemandem vorliegt - weder dem Angeklagten, der auf diese Weise seine Verteidigung verlor, noch den Verteidigern selbst! Solange aber die schriftlichen "Gründe" des Beschlusses nicht vorliegen, können wir uns mit diesen im Rahmen der Beschwerde auch nicht auseinandersetzen. Mit der Zustellung des Urteils beginnt aber die Frist zur Begründung der Revision zu laufen - und diese ist von zugelassenen Verteidigern oder einem Rechtsanwalt zu unterzeichnen. Nur: Zur Zeit gibt es keine zugelassenen Verteidiger, und die Beschwerde hiergegen können wir nicht begründen, solange die Grundlage (also der die Zulassung entziehende Beschluss) nicht vorliegt.

Das ganze Prozedere hat etwas von "Geheimjustiz" bzw. übertrifft diesen Terminus sogar; gewöhnlich ist damit gemeint, dass die Justiz Entscheidungen trifft, die vor allem der Öffentlichkeit nicht bekanntgegeben werden, womit Rechtssicherheit und Einheit der Rechtsprechung verhindert werden. Dass aber den Betroffenen selbst die Beschlüsse, die gegen sie gefällt werden, vorenthalten bleiben, war bisher eigentlich nur in den grotesken Darstellungen Franz Kafkas vorstellbar. In Zittau wird insofern gerade ein neues (und beängstigendes) Kapitel Rechtsgeschichte geschrieben.

Wegen der beharrlichen Weigerung des RiAG Ronsdorf, den Betroffenen den Beschluss (sowie das Protokoll der Hauptverhandlung) zu übersenden, haben wir am heutigen Tage parallel Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Richter eingelegt. Zwar gibt es in Deutschland eine sehr weitgehende richterliche Unabhängigkeit, die (mit historisch durchaus beachtlichen Argumenten) das Agieren eines Richters zumindest weitgehend einer Dienstaufsicht entzieht. Das Unterlassen von gesetzlich vorgeschriebenen richterlichen Handlungen fällt jedoch nicht hierunter...

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