"Vorbei ist es noch lange nicht - sag mir erst, wie viel Geld Du kriegst." Wäre es doch zumindest damit, also mit der Kostenrechnung der Verteidigung und des Angeklagten, vorbei gewesen. Doch nach einem Verfahren, bei dem das Recht in kleinsten Portiönchen ausgeteilt wurde, hat sich das AG Zittau wohl gesagt: Mit dem Geld machen wir das nicht anders. Und die zu erstattenden Verteidigerauslagen erst mal heruntergekürzt, dass es nur so purzelte, mit der Begründung: "Grundsätzlich wäre die Verteidigung des Angeklagten auch durch einen ortansässigen Rechtsanwalt möglich gewesen." Und, so die bestechende Logik der Zittauer Rechtspflegerin, da wären dann ja auch keine Reisekosten angefallen. Und die Kosten für einen liegen ja auch unter den Kosten für drei. Klingt irgendwie naiv logisch, ist es aber nicht: Denn hätte Andreas den "ortsansässigen Rechtsanwalt" gewählt, wären die Kosten für die Staatskasse schlicht höher gewesen als es in der vorliegenden Konstellation von drei gem. § 138 Abs. 2 StPO zugelassenen Verteidigern, die nicht Rechtsanwälte sind.
Nun, man kann dem Gericht an dieser Stelle noch zugutehalten, dass die Konstellation zumindest ungewöhnlich ist. Da aber das Amtsgericht knapp zwei Jahre (!) für diese Entscheidung benötigt hat, kann man von einem "Irrtum in der Hitze des Gefechts" wohl kaum reden, da wurde angestrengt nicht differenziert.
Und diese Anstrengung, das Recht mal wieder auf Zittauer Art anzuwenden, wurde fortgesetzt. Auch als Bank möchte sich das Amtsgericht nicht missverstanden wissen. Das Gericht erwartet von unserer Seite wohl eher die biblische Haltung: "Fahrt fort, eure Feinde zu lieben und Gutes zu tun und ohne Zins zu leihen, ohne etwas zurückzuerhoffen" (Lukas 6:35). Dumm nur: Wir erwarten den Zins. Weil er nämlich gesetzlich garantiert ist, Lukas hin oder her. Doch die Rechtspflegerin erklärt, eine Verzinsung sei "mangels gesetzlicher Grundlage nicht möglich", zitiert im gleichen Satz gar § 464a StPO und schafft es nicht, einen kleinen Buchstaben weiter zu § 464b StPO zu kommen - eben der gesetzlichen Grundlage... Naja, sie hatte ja auch nur knapp zwei Jahre Zeit für diese Entscheidung...
Dank der radikalen Kürzung ist der Beschwerdewert nun so hoch, dass das Rechtsmittel gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss nicht die (ggf. vom AG Zittau zu entscheidende) sog. "Erinnerung" ist, sondern die sofortige Beschwerde, die vom LG Görlitz zu entscheiden sein wird. Auf jenes Landgericht beruft sich die Rechtspflegerin sogar bei der Frage, ob nicht der ortsansässige Rechtsanwalt grundsätzlich ausreichend sein sollte. Nun wird man abwarten müssen, ob das Landgericht sich hier vielleicht etwas arg beliebig zitiert fühlt: Ob man eine Sachbeschädigung (um die es in dem zitierten Beschluss des LG Görlitz ging) bei einem ausdrücklich "einfach gelagerten Sachverhalt" ernsthaft mit einer Totalen Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen, die das Bundesverfassungsgericht immer und immer wieder zu Detailrechtsprechung veranlasste, vergleichen kann...
Abgesehen davon: Wie soll denn der "ortsansässige Rechtsanwalt" in jedem Fall eine ausreichende Sachkenntnis zur Verteidigung garantieren, wenn sogar der "ortsansässige Richter" nur ein Urteil zu fällen in der Lage war, welches vom LG Görlitz aufgrund rein rechtlicher Erwägungen korrigiert werden musste...
Nun, zumindest hat Andreas als Angeklagter sein Geld gut angelegt. Wo bekommt man heute schon für eine Anlagedauer von zwei Jahren einen garantierten Zinssatz von 5,12%...
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Mittwoch, 22. Dezember 2010
Für wenig Recht gibt's kleine Münze - Kostenrecht à la Zittau, die Zweite
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